Fördern “Killerspiele” die Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen? Diese Frage beschäftigt Deutschlands Politik und Medien seit ungefähr sechs Jahren. Doch wo anfangs über Computerspiele geschimpft wurde, tut sich heute ein anders Bild auf. Überall?
Wirklich angefangen hat es wohl am 26. April 2002 am Gutenberg-Gymnasium in Erfurt, als der 19-jährige Robert S. zwei Schüler, zwölf Lehrer, eine Sekretärin, einen Polizisten und schließlich sich selbst tötete. Eine große Diskussion begann, deren Ausmaße bis heute auch den elektronischen Sport beeinflussen. Neben den öffentlichen Medien beteiligten sich vor allem hiesige Politiker daran und schreckten dabei auch nicht davor zurück, den ein oder anderen übertriebenen Vergleich aufzustellen. Diesen kam ein neues Streitthema gerade gut gelegen, da im Herbst der Bundestag gewählt und die laufenden Wahlkampfthemen wie Irakkrieg, Ökosteuer und Hartz IV bereits bis zum Umfallen erörtert wurden.
[toggle=weiterlesen]Unendlich lange diskutiert
Die Rede ist von der Diskussion bzw. Berichterstattung der Medien über die sogenannten “Killerspiele”, welche zwar in den ersten Jahren heftig im Gange war, doch schließlich mehr und mehr verstummte, da das Thema bis ins Unermessliche ausgeschöpft zu sein schien. Ist dem wirklich so? Fangen die Medien langsam an, das Thema von der objektiven Seite anzugehen? Rücken sie auch mal - im Interesse der betroffenen Leute - die positiven Seiten des elektronischen Wettkampfes in das Rampenlicht?
Den Hauptbestandteil der vor sechs Jahren entbrannten und bis heute weitergeführten Diskussion bildet der allerseits beliebte Taktik-Shooter ‘Counter-Strike’: Daher kommen die enormen Auswirkungen auf den eSport, weil man Counter-Strike ohne schlechtes Gewissen als Hauptdisziplin des selbigen bezeichnen kann. Des Weiteren müssen die öffentlichen Medien und deren Berichterstattung zu diesem Thema differenziert betrachtet werden.
Hat sich etwas geändert?
Die bekannten Printmedien haben sich in fast jeder Hinsicht verändert: Wo vor einigen Jahren noch ordentlich über “Killerspiele” und deren Auswirkungen geschimpft wurde, kann man heute größtenteils eine sachliche und vor allem sauber recherchierte Auswahl an Artikeln finden. Selbiges gilt für die dazugehörigen Online-Portale. Spätestens nach dem jüngst ausgetragenem World Cyber Games Grand Final in Köln sehen viele Printmedien ein, dass man eSport nicht mit einer einzelnen Person gleichsetzen kann, die einsam in einem Keller Counter-Strike spielt - und womöglich auch noch einen Amoklauf begeht. Der Vorteil einer gut recherchierten Berichterstattung zeigt sich in einem Artikel auf stern.de sehr gut. Dort bekommt man unter anderem eine sehr detaillierte Einführung in den “Volkssport am Rechner”. Auch hier wurde Counter-Strike erwähnt - nur wirkt dies auf den Leser weniger aufrührerisch als bisher.
Anders verhält sich das Fernsehen. Dass hier der Boulevardjournalismus regiert - wobei es auch Ausnahmen gibt - zeigten in der Vergangenheit bekannte Sendungen wie beispielsweise Frontal21 (ZDF), hartaberfair (WDR) oder Panorama (ARD), in denen - man könnte schon fast vermuten absichtlich - falsch berichtet wurde, so dass dem eingefleischten eSportler nur noch Kopfschütteln übrig blieb. Dabei geht es nicht unbedingt immer um Counter-Strike. Ob World of Warcraft, Doom 3 oder GTA - in der Vergangenheit wurden alle Spiele, die Gewaltdarstellungen enthalten, zu oft unter einen Hut gesteckt. Daraufhin wurde in diversen Videoportalen ein Video mit einer Gegendarstellung bezüglich der drei oben genannten Sendungen veröffentlicht. Jahre vergehen und wer denkt, dass sich die Situation im Fernsehen diesbezüglich geändert hat, kann nur teilweise auf Zustimmung hoffen.
Mittlerweile gibt es seriösere Sendungen über Computerspiele und eSport-Events wie den World Cyber Games oder Intel Friday Night Games, auf welchen überlichweise Counter-Strike auf dem Programm steht. Das liegt vor allem daran, dass die eben genannten Events
Pro Sieben, 04.11.2008
immer größer und beliebter werden.
Pro Sieben, 04.11.2008Es geht
zunehmend um mehr Ruhm und das, was in unserer Gesellschaft stets an höchster Stelle ist bzw. auch immer sein wird: Geld. Und spätestens dann, wenn man die Beträge nicht mehr ignorieren kann, welche im eSport - d.h. auch durch das Spielen von “Killerspielen” - fließen, müssen die Medien ihre Berichterstattung anpassen, was auch fleißig getan wird. Selten konnte man so gute Sendungen, Berichte und Dokumentationen bezüglich Computerspielen ZDF, 09.10.2008
finden wie in letzter Zeit.ZDF, 09.10.2008Dass hier und da
jemand aus der Reihe tanzt, ist klar. Es passiert jedoch noch zu häufig - womit wir wieder bei dem Thema Boulevardjournalismus wären. Für Furore sorgte hierbei eine erst vor ein paar Wochen ausgestrahlte Folge der Sendung Galileo (04.11.2008 auf ProSieben). Und gerade diese Sendung zieht regelmäßig viele Zuschauer an, darunter unzählige Eltern. Diesen wurde durch Galileo sogleich die volle Breitseite an Klischees serviert, mit denen Computerspiele behaftet sind. Ein weiteres Beispiel sei - wieder einmal - mit dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen in folgender Sendung vom 09.10.2008 gegeben.
Ein kleines Fazit
Man kann also nur hoffen, dass die laufende Entwicklung in der Berichterstattung über “Killerspiele” noch weiter positiv bleibt und vor allem stetig sachlicher wird. Das Thema der angeblich gewaltfördernden Spiele ist zu sehr mit dem eSport verbunden, um sich davon loszusagen. Dass man darüber unbedingt berichten sollte, versteht sich außerdem von selbst. Auch ist nicht alles falsch, was bisher von den Medien berichtet wurde. Nur an der Art und Weise, wie dies von statten ging, gab es in der Vergangenheit zu viel zu bemängeln. Im Großen und Ganzen sollte man sich jedoch über den positiven Trend freuen. Und schließlich kann man mit dem eigenen Verhalten dafür sorgen, dass die Medien nicht mehr weiter an den typischen Klischees festhalten, die den Computerspielen bzw. den Spielern selbst vorauseilen, weil sie auf einen sehr geringen Teil davon immer noch all zu oft zutreffen.[/toggle]